Warum haben wir immer noch Probleme mit „feuchten“ Baustoffen?

Interview - Walter Denzel

Wie oft wurden wir schon mit Steinplatten konfrontiert, die nur wenige Monate nach dem Einbau zerbrachen? Was für ein dummes Gefühl beschlich uns, wenn der ärgerliche Bauherr am anderen Ende der Telefon-Leitung, Risse in seinem Steinbodenbelag meldete, oder verblassende Steinpolitur reklamierte, und um unmittelbaren Ersatz bat! … und nein, der 2 oder 3-cm-Stein brach nicht weil ein Lastwagen darüber fuhr!

 
Probleme am Fussboden treten regelmäßig dann, (mit Zeit-Verzögerung), auf, wenn beim Einbau niemand auf die Rest-Feuchte im Untergrund (Estrich oder Beton) achtet.
Im folgenden Interview beantwortet Walter Denzel, ein anerkannter Sachverständiger für Feuchteprobleme, von DNS-Denzel Feuchte-Messtechnik (info@DNS-Denzel.de), warum das Problem immer noch existiert, und wie man es erkennen und umgehen kann.
 
Frage: Welches Risiko nehmen Bauherr und Bodenleger auf sich, wenn sie die Rest-Feuchte im Estrich oder Beton nicht beachten?
 
Antwort: Alle denkbaren Bau-Probleme sind die Folge von nicht beachteter Rest-Feuchte im Untergrund !
 
Frage: Welcher Art können diese Probleme sein, und wann werden sie sichtbar?
 
Antwort: Stein-Klebstoffe werden weich und verlieren ihre Haftfähigkeit. Stein-Oberflächen werden rauh und schmutzig, und können nicht richtig sauber gehalten werden. Stein-Oberflächen ändern ihren natürlichen Farbton. Risse können nicht geschlossen werden. Hydrophobierungsmittel können nicht richtig eindringen, und sind dann wirkungslos. Rostflecken können auftreten.
Und die Liste der möglichen Beschädigungen ist hier noch nicht zu Ende.
Risse können im Untergrund entstehen wenn die Untergrund-Schicht (Estrich) zu schnell trocknet und dabei ungleichmäßig schrumpft.
 
Weil Bakterien zum optimalen Wachstum Kalk (der in Zement enthalten ist) und Feuchtigkeit in normaler (warmer) Umgebung brauchen, ist ein feuchter Estrich der ideale Nährboden für Krankheiten, die sich mit der verdampfenden Feuchtigkeit in der Atemluft „ausbreiten“.
Feuchtigkeits-abhängige Probleme können sich an Holz-Bodenbelägen bereits wenige Stunden nach der Installation zeigen, während Stein- oder Fliesen-Bodenbeläge die feuchtigkeits-abhängigen Probleme erst Monate und Jahre nach der Installation sichtbar werden lassen.
Häufig sieht man Feuchtigkeits-Probleme, (die auch mit zu viel Rest-Feuchte in minderwertiger Bindemittel-Qualität zusammen-hängen), bereits  VOR der eigentlichen Nutzung der jeweiligen Gebäude.
 
Frage: Was kann diese Probleme verhindern?
 
Antwort: Jeder, der einen Untergrund, auf dem weitere Schichten aufgebaut werden sollen, herstellt, muss den nachfolgenden Gewerken den möglichen 20°C-Ausgleichsfeuchte-Wert („Trocken“-Wert) mitteilen, bis zu dem dieser Untergrund im normalen Nutzungs-Klima austrocknen kann, und dabei gefährlich viel Wasser verdampfen lassen will. Nur wenn dieser ungefährliche Ausgleichsfeuchte-Wert bekannt ist, kann der gefährliche Rest-Feuchte-Gehalt gemessen, und auf Belege-Reife beurteilt werden.
Ausgleichsfeuchte bedeutet : Wasserdampf-Druck AUS der Estrichschicht ist gleich dem Wasserdampf-Druck ÜBER der Estrichschicht.
 
Beispiel:
Wenn wir wissen, daß ein Estrich im normalen Nutzungs-Klima auf 2,0 % austrocknen will, können wir beurteilen, ob 2,5 % (0,5 % „freies“ Anmachwasser = 500 g Wasser in 1 m² / 5-cm-Estrich) für unseren Fussboden-Aufbau gefährlich werden kann, oder nicht !
Da jedes Bindemittel in Untergrund-Material einen ANDEREN Ausgleichsfeuchte-Wert annehmen kann, können wir ohne zutreffenden Ausgleichsfeuchte-Wert nicht beurteilen, ob die Restfeuchte-Menge zu groß ist, oder nicht.
 
Frage: Wobei entsteht „zu viel“ Rest-Feuchte?
 
Antwort: Der Haupt-Grund für „zu viel“ Rest-Feuchte wird durch den unbekannten Wasserbedarf eines Bindemittels, und/oder durch falsche Zusammensetzung der Baustellen-Mischung herbeigeführt.
 
Frage: Was ist „zu viel“ Rest-Feuchte?
 
Antwort: Abhängig von der Qualität und Zusammensetzung der Baustellen-Mischung ist 3,0 % „normal“ für eine Betonmasse. Eine Estrichmasse ist bei 1,1 bis 1,4 % „normal trocken“. 0,1 % (~110 g / 1m² / 5-cm) „zu viel“ Rest-Feuchte kann schon für z.B. Holz-Bodenbeläge gefährlich werden, wenn das „freie“ Anmachwasser in der Estrichmasse wärmer werden kann.
 
Frage: In welchem Klima sind diese Grenzwerte wichtig?
 
Antwort: Solange noch viel Wasser aus der Estrichmasse verdampfen muss, sind die örtlichen Temperatur- und Luftfeuchte-Verhältnisse zweitrangig. Sie werden erst im Zustand der annähernden Ausgleichsfeuchte, für die Menge der Wasser-Verdampfung aus der Estrichschicht, wichtig.
 
Lokal unterschiedliche Empfindungen entscheiden auch über „gut oder schlecht“ eines Fussboden-Aufbaus. In Deutschland z.B. ist die Empfindlichkeit gegen handwerkliche Unstimmigkeiten relativ groß, während in Italien das Reklamations-Level deutlich niedriger ist als in Deutschland.
 
Frage: Wie muss der Restfeuchte-Gehalt gemessen werden?
 
Antwort: Da auch Baustoffe durch elektro-magnetische Kräfte „zusammen-gehalten“ werden, die sich des Wassermolekül’s als „Klebstoff“ bedienen, kann man Wasser oder Feuchte nur mit elektro-magnetischen, zerstörungs-freien, Felder oder Wellen erkennen, was gute Feuchtemessgeräte ermöglichen.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, daß jede zerstörende Messmethode auch das Wasser oder die Feuchte zerstört, BEVOR diese gemessen werden kann ! Demzufolge müssen alle zerstörenden Feuchte-Messmethoden gefährliche (weil zu niedrige) Messergebnisse produzieren, die einen „trockenen“ Untergrund vortäuschen !
 
Frage: Wie lange muss man nach dem Einbau einer Estrichschicht warten, bevor man Beläge oder Beschichtungen auftragen kann?
 
Antwort: Um sicher zu gehen, sollte ein geprüftes Feuchtemessgerät an einem Beton 3,0 %, an einem Zementestrich 1,5 %, bevor die nachfolgenden Arbeiten beginnen können.
Die Trocknungs-Dauer variiert je nach Bindemittel, Schicht-Dicke, und Baustellen-Trocknungs-Bedingungen zwischen  2  und 4 Monaten.
…und hier liegt der eigentliche Grund für regelmäßig widerkehrende Feuchteschäden : Jeder unterschätzt die Wasser-Kraft, und keiner will warten, bis z.B. 100 g Wasser (0,1 %) aus einer 5-cm-Estrichschicht ausgetrocknet, verdampft, sind!
 
Frage: Angenommen, ein Stein-Bodenbelag wurde fertiggestellt, und es kommt wegen zu viel Restfeuchte zu irgendeinem Feuchteschaden. Was ist zu tun?
 
Antwort: Wenn Bodenbeläge oder Beschichtungen auf zu viel Restfeuchte eingebaut wurden, kann man nur „rück-bauen“, und dann den Estrich ausreichend trocknen lassen, bevor der neue Bodenbelag eingebaut wird.
 
Frage: Was kostet eine richtige Reklamation?
 
Antwort: Wenn ein Bodenbelag ersetzt werden muss, kann das bis zum 5-fachen der Auftrags-Summe kosten. Wir reden hier über sehr teure Fehler, die ein Bau-Handwerker machen kann.
 
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