Zehn Trends in der polnischen Steinindustrie 2011

 

  1. Größere Investitionen von Steinmetzen in Maschinen.  Es stimmt, dass Polens Industrie die dynamischste in der EU ist. Es stimmt auch, dass die polnischen Steinmetze viele Aufträge vergeben. Aber es gibt einen wichtigen Faktor, der erklärt, warum die polnische Steinindustrie so viel in alle möglichen Maschinen investiert, seien es Schneidemaschinen, oder CNC-Maschinen, oder Kantenschleifmaschinen – die Fördergelder aus Brüssel machen Investitionen in Maschinen viel wirtschaftlicher. Und so wie ihre spanischen Mitstreiter vor einem Jahrzehnt, lassen sich die Polen keine Gelegenheit entgehen, ihren Maschinenpark zu modernisieren. Das komplizierte Antragsverfahren für die Fördergelder hat dazu geführt, dass vor allem große und mittlere Firmen in deren Genuss kamen.
 
  1. Es gab einmal eine Zeit, und das ist weniger als ein Jahrzehnt her, als viele polnische Steinmetze üblicherweise Granitblöcke kauften und ab da alle Arbeitsschritte durchführten, bis sie am Ende ein fertiges Grabmal hergestellt hatten. Diese Form von vertikaler Integration gab es wohl in keinem anderen Land als in Polen. Wenn irgendwo ein Zloty einzusparen war, dann wurde er eingespart. Da jedoch die Arbeits- und andere Kosten steigen, ist es für polnische Steinfirmen nicht länger lukrativ, alle Verarbeitungsschritte selbst durchzuführen. Das Ergebnis sind der in letzter Zeit beachtlich zunehmende Import von halbfertigen und fertigen Steinen aus allen möglichen Ländern, aber vor allem aus Indien und China.
 
  1. Die Grabmalfertigung machte noch vor einem Jahrzehnt fast 90% der Arbeit der Steinindustrie im Lande aus. Sie war die Haupteinnahmequelle der Steinmetze in diesem streng katholischen Land. Doch jetzt schrumpft  der verarbeitende Sektor bei Grabmalen und die Betriebe der Steinmetze entwickeln sich so wie in anderen Ländern, obwohl die Steinindustrie wächst. Ihre Aufgabe ist es nun zunehmend Küchenarbeitsplatten zuzuschneiden und einzubauen, Häuser zu renovieren, Bauprojekte durchzuführen, und die Grabindustrie macht nur noch vielleicht 50% des Gesamtumsatzes aus.
 
  1. Schwarz ist immer noch in. Die beliebteste Farbe in der Grabmalindustrie war abgesehen von grau ebenso schwarz. Aber selbst bei neuen Anwendungsbereichen für Stein, bei Gestaltung und im Baugewerbe, bleibt schwarz weiterhin ein Favorit. Daher ist es wenig überraschend, dass jeder Geschäftsmann überall in der Welt – ob er nun schwarzen Stein in einem Steinbruch abbaut oder das Material weiter verarbeitet – Polen als seinen wichtigsten Markt sieht. Star Galaxy, Absolute Black, Impala Dark, Swedish Black – für all diese Materialen gibt es einen guten Markt. Im Laufe des letzten Jahres ist weiß auch beliebter geworden - sowohl Marmor- und Quartzagglomerate werden zunehmend abgesetzt. Für Bauprojekte sind Crema Marfil und Daino Reale immer begehrter.
 
  1. Durch zunehmende ausländische Investitionen multinationaler Firmen in allen möglichen Bereichen in Polen, die berühmten Fördergelder aus der EU und einen relativ großen Optimismus im Vergleich zu den anderen EU-Ländern, ist die Bauaktivität größer als im Jahr 2010. Aber ein gewisser Einbruch könnte drohen – die europaweite Krise verunsichert Entscheidungsträger, was den Bau oder die Renovierung von Häusern betrifft.
 
  1. Rückgang beim Import von Blöcken. Es war einmal (s. 2) eine Zeit, in der die Polen beim Großhändler oder beim ausländischen Steinbruchbesitzer einen Block kauften und den ganzen Verarbeitungsprozess selbst in die Hand nahmen. Das gab es nur in Polen. Jetzt werden zunehmend dicke Platten (4, 6 oder 8 cm) statt Blöcken importiert. Immer mehr dicke Platten kommen aus Indien, China, Südafrika und Zimbabwe, jedoch immer weniger Blöcke.
 
  1. Zunehmende Ausgaben der öffentlichen Hand in die Verbesserung der Infrastruktur bedeutet, dass auch mehr für die Reparatur oder die Verlegung von Fußwegen ausgegeben wird.  Die polnischen Geschäftsleute, die Steinbrüche oder Fabriken haben, investieren in Maschinen um ihre Produktivität zu steigern und somit der wachsenden Nachfrage nach Kant- und Pflastersteinen gerecht zu werden. Die Nachfrage ist derartig gestiegen, dass man polnische Arbeiter bei Steinbrüchen in Ländern wie Schweden vorfindet, die Pflastersteine für den Transport und den späteren Einsatz in ihrem Land herstellen. Polnische Kant- und Pflastersteine werden auch nach Deutschland und Österreich exportiert.
 
  1. Zunehmende Nachfrage nach Platten für den Innenbereich mit einer Dicke von 2 bis 3 cm. Die wirtschaftliche Dynamik in diesem Land mit 38 Millionen Einwohnern hat zu ständig steigenden Einkommen und größerem Wohlstand geführt. Das Ergebnis: Innenausbau und Hausrenovierung ist jetzt ein großes Geschäft, und die Steinmetze bauen nur zu gerne in den Häusern der immer wohlhabender werdenden Polen Arbeitsplatten ein und verlegen Bodenbeläge. Natürlich ist die Konkurrenz auch größer geworden – die Preise sind gefallen und Naturstein somit für mehr Menschen erschwinglich.
 
  1. Nicht alles ist jedoch so rosig. In den letzten Monaten macht es der unbeständige Wechselkurs der einheimischen Währung, des Zloty, gegenüber dem Euro polnischen Importeuren unglaublich schwer, international Geschäfte abzuwickeln. Die enormen Schwankungen im Wechselkurs innerhalb weniger Tage bedeuten oft, dass egal welchen Preis man mit dem ausländischen Lieferanten vereinbart hat, die Kosten in Zloty, wenn sie denn zwei bis vier Monate später fällig werden, für den polnischen Importeur deutlich höher sein können. Bei einigen Großprojekten haben manche polnischen Steinmetze nur wegen der Kursschwankungen Geld verloren.
 
  1. Insgesamt befindet sich die polnische Steinindustrie immer noch auf einem beneidenswerten Wachstumskurs. Das größte Problem für manche Firmenbesitzer ist es, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Sehr oft verlässt ein Arbeiter, sobald er etwas über die Steinindustrie gelernt hat, die Firma und stellt einen eigenen Betrieb auf die Beine – und das fast immer mit Erfolg! Das würde nicht funktionieren, wenn dieser Industriezweig auf einem absteigenden Ast wäre.
 
PS. Unser besonderer Dank geht an Krzystof Piotrowski, Javier Rodriguez und Pawel Bereza für ihre Meinung und ihren Beitrag.